Sprechstunde in der PR-Ambulanz: Wie viel Budget muss ich für Flyer einplanen?
Haben Sie sich schon mal gewundert, warum sich in den Gängen Ihrer Klinik das Altpapier stapelt? Das könnte daran liegen, dass Sie im vergangenen Jahr einen Großteil Ihres Budgets für Marketing und PR in die Produktion bunter Flyer investiert haben. Jede Fachabteilung, jedes Spezialangebot, die Klinikseelsorge und auch die Grünen Damen – sie alle wünschten sich einen Flyer und Sie haben ihnen diesen Wunsch erfüllt. Denn: Die machen da doch einen guten Job. Das muss man den Patienten doch erzählen. Bestimmt ist das auch für die Einweiser interessant. Das müssen wir BEWERBEN!
Werbung braucht nicht unbedingt Werbematerial
Weil für viele Menschen, die sich nicht täglich mit den Thema Marketing befassen, der Inbegriff von Werbung Werbematerial ist, wird dann ein Flyer produziert. Eine Agentur kommt ins Haus. Man spricht mit den Experten und macht daraus einen knackigen und dennoch informativen Text. Ein Fotograf sorgt für die entsprechenden Hochglanzbilder, denn schließlich sagen Bilder mehr als tausend Worte. Am Ende dieses Prozesses ist der Marketingmann richtig stolz auf sein Werk. Per Email schickt er den Entwurf an den Chefarzt und bittet um die Druckfreigabe. Zurück kommt eine ernüchternde Antwort: „So können wir das auf gar keinen Fall machen.“ Auf Nachfrage wird bemängelt, dass nicht das gesamte Behandlungsspektrum wiedergegeben werde. Außerdem sei die Sprache viel zu einfach gehalten. Das müsse noch um mindestens zehn komplizierte Fachbegriffe ergänzt werden.
Am Ende des Prozesses bleibt Bleiwüste zurück
Der Mann von der Agentur versucht, sein Vorgehen zu erklären. Es fallen Stichworte wie Lesbarkeit, Patientenfreundlichkeit, Übersichtlichkeit. Beim Chefarzt fällt lediglich die Klappe. Man diskutiert. Macht einen neuen Entwurf. Und dann noch einen und noch einen und noch einen. In jeder neuen Version werden die Bilder kleiner und die Texte länger. So genannter Weißraum, der weder mit Text, noch mit Bildern oder Grafiken bedruckt ist, verschwindet. Dafür steigt die Anzahl lateinischer Wortkonstruktionen exponentiell an. Am Ende kann es keiner mehr lesen und keiner mehr verstehen. Vor allem kein Patient.
Warum viele Flyer ihr Ziel nicht erreichen
Wer soll Ihren Flyer eigentlich lesen? Oft macht sich darüber im Vorfeld niemand Gedanken. Patienten. Ist doch klar. Und Einweiser. Die irgendwie auch. Selten ist die Zielgruppe klar und keiner hat eine Strategie, wie man diese dann erreicht. Ein Mailing? Oft fehlt es an den entsprechenden Adressen. Eine Postwurfsendung? Der Flyer war doch teuer genug. Am Ende landet das zu Tode abgestimmte Werbeprodukt im Aufsteller vor dem Chefarztbüro und spricht dort die Patienten an, die sowieso schon einen Termin haben. Oder die Kartons mit den Flyern stapeln sich im Vorzimmer in der Ecke und verhindern wirkungsvoll, dass ein Patient bis zu Herrn Doktor vordringen kann.
Krankenhausmarketing ist Dienstleistungsmarketing
Denken Sie bei der Budgetplanung auch mal in eine andere Richtung. Den Servicegedanken der Mitarbeiter am Empfangstresen verbessern. Das Leitsystem erneuern, damit Patienten leichter zu den Behandlungsräumen finden. Guter Service ist für Kliniken das beste Aushängeschild. Denn Marketing in der Klinik ist vor allem Dienstleistungsmarketing. Darüber hinaus lohnt es sich, die Angebote gebündelt darzustellen: Eine gut gemachte Klinikbroschüre, spart nicht nur Papier und Kosten, sondern zeigt dem Patienten mit dem Beinbruch, der darin im Wartebereich der Notaufnahme blättert, wirkungsvoll auf, dass Ihr Krankenhaus auch für die Herzprobleme seiner Mutter hervorragend aufgestellt ist.
Sie möchten auch in der PR-Ambulanz verarztet werden? Dann schicken Sie uns Ihre Frage an redaktion-kma@thieme.de Ausgewählte Patienten bekommen in dieser Kolumne eine Diagnose.
Dieser Text ist erschienen in Klinik Management aktuell, Ausgabe März 2018. Mehr Info über die kma unter www.kma-online.de