Sprechstunde in der PR-Ambulanz: Warum hat unsere Klinik keine Kommunikationsstrategie?
Ach, wären wir doch in einer idealen Welt. Dann hätte jedes Krankenhaus eine Kommunikationsstrategie. Diese würde festlegen, welche Themen zu welchem Zeitpunkt wie und von wem an welche Zielgruppe kommuniziert werden sollen. Und wenn dann die Chefärztin aus der Radiologie Druck macht, weil sie wahlweise einen neuen Flyer, eine Pressekonferenz oder einen Imagefilm benötigt, dann könnte man lässig sagen: „Tolle Idee, Frau Doktor Müller. Wir würden Sie wahnsinnig gern unterstützen, aber leider ist Radiologie keiner unserer Schwerpunkte in der Kommunikation in diesem Jahr.“
Die meisten Kliniken kommunizieren ohne Strategie
Bedauerlicher Weise leben wir aber in keiner idealen Welt. Was dazu führt, dass nur die wenigsten Kliniken eine Kommunikationsstrategie haben. Und deshalb hat der Kommunikationsverantwortliche nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder er erfüllt Frau Dr. Müller ihre Wünsche, auch wenn er deren Sinnhaftigkeit bezweifelt oder er versucht, ihr zu erläutern, warum ihre Ideen zum jetzigen Zeitpunkt doch nicht so gut sind. Im ersten Fall wird er von Frau Dr. Müller geliebt, macht sich damit aber zu einem Erfüllungsgehilfen und handelt wider besseren Wissens. Im zweiten Fall wird er seiner Rolle als Kommunikationsexperte gerecht, wofür Frau Dr. Müller ihn ab sofort nicht mehr leiden kann und sich beim Klinikgeschäftsführer über ihn beschweren wird.
Kommunikationsstrategie als Leitplanke und Entscheidungshilfe
Können Sie sich vorstellen, wie sehnsüchtig sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation nach einer Kommunikationsstrategie sehnen? Dann hätten sie endlich Leitplanken, die ihnen die Richtung vorgeben. Das Gießkannenprinzip, mit dem sie bisher Maßnahmen breit über die gesamte Klinik verteilt haben, wäre passé. Niemand bekäme mehr eine unnötige Broschüre, nur weil er laut genug schreit. Sie könnten selbst Themen setzen und aktiv vorantreiben. Sie könnten die meist sehr eingeschränkten finanziellen und personellen Ressourcen zielgerichtet einsetzen. Sie könnten sogar sinnvoll ihr Jahresbudget planen, weil sie nicht mehr auf Zuruf alles mögliche umsetzen müssten. Und im Jahresgespräch könnte der Chef sogar abschätzen, ob und in welchem Umfang die Kommunikationsabteilung die in der Strategie gemeinsam abgesteckten Ziele erreicht hat.
Ohne Unternehmensstrategie keine Kommunikationsstrategie
Nun werden einige Geschäftsführer antworten: „Sie wollen eine Kommunikationsstrategie? Dann schreiben Sie doch endlich mal eine!“ Denn in der Theorie träumt auch die obere Führungsebene von einer solchenominösen Strategie, die professionelle Unternehmen dem Vernehmen nach haben sollen. Aber: Die Kommunikationsstrategie basiert auf der Unternehmensstrategie. Man benötigt klare Vorgaben aus der Geschäftsführung und auch konkrete Arbeitsaufträge, um daraus Kommunikationsziele abzuleiten und Maßnahmen zu definieren, mit denen man diese Ziele erreichen möchte.
An genau diesen Vorgaben mangelt es oft. In einigen Fällen ist die Unternehmensstrategie gar nicht so klar. In anderen Fällen gibt es zwar eine Strategie, nur traut man sich nicht, diese auch konsequent zur Grundlage der Kommunikation zu machen. Man hörte schon von Klinikvorständen, die ihren Kommunikationschef gebeten haben sollen, eine Unternehmensstrategie zu Papier zu bringen. Zum Glück ist diese Fehleinschätzung der Zuständigkeiten wohl eher ein Einzelfall. Oder sogar nur ein Gerücht.
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Dieser Text ist erschienen in Klinik Management aktuell, Ausgabe Juni 2018. Mehr Info über die kma unter www.kma-online.de